Es ist vollkommen in Ordnung und richtig so, dass in Crimmitschau weiter der direkte Klassenerhalt angepeilt und dies auch so kommuniziert wird. Ein Sportler, noch dazu wenn er Geld mit dem Sport verdient, hat schon aus intrinsicher Überzeugung heraus die selbstverpflichtende Aufgabe, sich höchstmögliche Ziele zu setzen. Es ist nur wichtig zu erkennen, wann man an der Schwelle zur Illusion und Selbsttäuschung steht.
Denn es wird Zeit, dass sich im Eispiraten-Lager langsam alle bewusst machen, dass das wahrscheinlichste aller Enden, welches in der Hauptrunde noch eintreten kann, jenes sein wird, dass die Eispiraten ab dem 7. März nicht ihren Playoff-Kindheitstraum verfolgen, mit Zigarre im Mund und Pokal in der Hand sich jubelnden Fans als Meister zu präsentieren, sondern dass es ab diesem Zeitpunkt in den Playdowns um das nackte sportliche Überleben der Eispiraten Crimmitschau in der DEL2 gehen wird. Dann werden Siege Pflicht. Siege werden erwartet. Siege sind zu liefern. In Playdowns werden selten Helden geboren, sondern zumeist Versager, nämlich die, die beiläufig absteigen. Und Playdown-Gewinner sind als die gebrandmarkt, die eben gerade noch ihren Arsch gerettet haben. Retten die Eispiraten ihren Arsch nicht, war es das für Crimmitschau in der zweiten Liga. Womöglich sogar auf sehr lange Zeit.
Die Partie in Weiden hat schonungslos gezeigt, dass es hinten wie vorne nicht mehr stimmt. Dass die sportliche Situation längst zur Kopfsache geworden ist. Und dass es eigentlich egal ist, wer gerade verletzt ist oder nicht. Klar, hier und da werden Punkte eingefahren, ein bisschen Hoffnung keimt sporadisch mal und spielerische Lichtblicke gibt es zwischendurch auch immer wieder mal. Andererseits ist über die gesamte – ja! gesamte! – bisherige Saison hinweg betrachtet die Summe der Missstände – taktisch, spielerisch, mental – aber um einiges größer als die wenigen Lichtblicke. Ausfälle hin oder her. Und das wirft Fragen auf. In Richtung Mannschaft, Trainerstab und Management.
Wo soll denn die für die Pre-Playoffs erforderliche Siegesserie herkommen, wenn man es nicht einmal schafft, mit nahezu vollem Kader die Stärken eines Aufsteigers aus Weiden zu egalisieren und sich auf haargenau die gleiche Art und Weise zum dritten Mal im dritten Spiel dermaßen von der gegnerischen Taktik düpieren lässt? Wenn Dominic Walsh nach dem Weiden-Spiel sich dem Interview stellt und sagt, man habe gewusst, was auf einen zukommt, ja dann muss die Gegenfrage eigentlich sein, warum die Eispiraten dann so gespielt haben wie sie gespielt haben? Nämlich so, als wären sie geradezu überrascht und total unvorbereitet gewesen.
Die Niederlage in der Oberpfalz war ein Turbo für die immer berechtigteren Zweifel, dass die Crimmitschauer bis zum Hauptrundenende doch noch die Kurve kriegen und in der Lage sind, die Pre-Playoffs zu erreichen.
Sorgen, die die Lausitzer Füchse nun wahrlich nicht haben, denn das Team von Christof Kreutzer hamstert bereits über die gesamte Spielzeit hinweg kontinuierlich Punkt für Punkt und steht mit 55 Zählern und 104:114 Toren aus 38 Spielen auf einem beruhigenden 8. Tabellenplatz. Zu sicher darf man sich in Ostsachsen natürlich noch nicht sein, aber wenn die Füchse weiterhin so beständig ihr Programm abspulen, dürfte der direkte Klassenerhalt bald in trockenen Tüchern sein. Es ist die berühmte Mischung, die im Fuchsbau einmal mehr passt.
Zwischen den Pfosten präsentiert sich Anthony Morrone (CAN, 26 Sp, 2.98 GT/Sp, 91.68%, 1 SO) als verlässlicher Rückhalt, wobei die Füchse-Fans nahezu hysterisch werden, wenn Jonas Stettmer (7 Sp, 1.84 GT/Sp, 94.88%, 1 SO) hin und wieder vom Partner Eisbären Berlin abgestellt wird. Das Ausnahmetalent ist quasi Sieggarant und konnte in seinen 7 Einsätzen 6 Siege festhalten.
In der Abwehr geben Jérémy Beaudry (CAN, 38 Sp, 6+13) und Dylan Plouffe (D-CAN, 33 SP, 3+10) den Ton an, wobei Beaudry ganz gewaltig an seiner +/- Bilanz von -17 arbeiten muss. Auch Toni Ritter (37 Sp, 0+2) kommt mit -11 nicht ganz so gut weg, im Großen und Ganzen ist die Weißwasseraner Defensive aber als stabil zu bezeichnen, da Nils Elten (38 Sp, 2+7), Sebastian Zauner (38 Sp, 1+6), Tim Sezemsky (17 Sp, 1+3) und Marlon Braun (38 Sp, 0+3) ihre Aufgaben ganz gut erfüllen.
In der Offensive hatte Christof Kreutzer am Saisonbeginn noch etwas experimentiert, musste aber dann schnell feststellen, dass er drei Stürmer im Kader hat, die wie Pech und Schwefel aneinanderkleben und deren Trennung wenig Mehrwert bringt. Also spielen Roope Mäkitalo (FIN, 38 Sp, 12+23), Clarke Breitkreuz (36 Sp, 14+18) und Lane Scheidl (CAN, 38 Sp, 14+18) wann immer es geht zusammen und mischen wie eh und je die gegnerischen Abwehrreihen auf. Der Impact des Trios auf das Offensivspiel der Füchse ist enorm, wenngleich hier keine Abhängigkeit besteht, weil Weißwasser mit Lewis Zerter-Gossage (D-CAN, 20 Sp, 11+11) und Charlie Jahnke (38 Sp, 9+11) noch zwei weitere starke Stürmer in der Hinterhand hat und zudem Alexander Dosch (35 Sp, 4+9), Jordan Taupert (D-CAN, 38 Sp, 9+3), Eric Valentin (38 Sp, 4+7), Metej Leden (D-CZE, 26 Sp, 4+6), Louis Anders (38 Sp, 3+5), Michael Bartuli (25 Sp, 3+4), Maximilian Kislinger (20 Sp, 1+4) und Tom Knobloch (27 Sp, 2+2) eine breite Basis für Scoringpotential aus allen Reihen bilden.
Die Eispiraten-Marschroute für das letzte Sachsenderby der Hauptrunde im heimischen Sahnpark ist eindeutig. Ein Sieg muss her. Nicht nur zur Rehabilitation für die Schmach vom vergangenen Freitag oder zur Steigerung des Selbstvertrauens, sondern vor allem, um die Minimalchance auf den direkten Klassenerhalt weiter am Leben zu halten. Der Druck die 3 Punkte einfahren zu müssen, liegt ganz klar auf Seiten der Eispiraten.