Wenn man als Fan hofft, dass die Saison so schnell wie möglich vorbei sein möge, dann ist das wohl das allerdeutlichste Zeichen, dass Abstiegskampf angesagt ist. Denn während in den Playoffs mit jedem Sieg die Saison verlängert, Meisterträume vergrößert und Euphorie gesteigert wird, bedeutet jeder Sieg in den Playdowns, ein Spiel weniger absolvieren zu müssen und dem – guten – Saisonende ein Stück näher zu kommen.

Und so lassen wir uns von der rot-weißen Hoffnung tragen, dass die Eispiraten-Saison 2024/25 mit ihren Höhen und sehr vielen Tiefen sehr bald, aber spätestens am 23. März ihr Ende finden möge, denn das würde den vorzeitigen Klassenerhalt in der DEL2 bedeuten.

Um dieses Ziel zu erreichen, müssen die Eisbären Regensburg vier Mal bezwungen werden. Den DEL2-Meister der Vorsaison nehmen wir nun ganz genau unter die Lupe.


Saisonverlauf

Die Oberpfälzer, beflügelt vom Titelgewinn, haben in den ersten Wochen der Saison eine gute Rolle in der oberen Tabellenhälfte gespielt und standen nach dem 7. Spieltag gar auf Platz 1. Am 11. Spieltag war es dann immerhin noch Platz 6, doch scheint dieser 13.10. auch eine Art Wendepunkt gewesen zu sein – übrigens verlor man da mit 1:6 in Crimmitschau!

Denn nach dem 11. Spieltag ging es für den EVR fast nur noch bergab. In den verbleibenden 41 Spielen gelang es nur noch 5 mal, an einem Spieltag in der Tabelle zu klettern, ansonsten verharrte man oder sackte gar in der Tabelle ab. Hier wurde dann auch schnell deutlich, dass Regensburg von der Stärke des Vorjahres zum einen wegen vieler Ausfälle aber vor allem wegen mangelnder Kompensation der Meistergaranten ganz weit entfernt ist.

Der endgültige Erdrutsch nahm dann Mitte Januar seinen Lauf. Am 37. Spieltag rutschten die Eisbären in die Playdown-Ränge und konnten sie bis zum Ende nicht mehr verlassen. Der vorletzte Platz stand nach 52 Spieltagen mit 56 Punkten und 131:181 Toren zu Buche.

Form

Dass Regensburg nur als 13. über die Ziellinie lief, liegt im Wesentlichen daran, dass ihnen im Endspurt schlichtweg die Puste ausging bzw. die Form besorgniserregend schwand. In den letzten 12 Spielen kassierten die Donaustädter 11 Niederlagen und holten nur 4 Punkte. Der einzige Sieg in dieser Phase gelang ausgerechnet gegen Crimmitschau, wobei die Eisbären über zwei Drittel lang bewiesen, warum die Playdowns unausweichlich für sie sind, ehe Crimmitschau im Schlussabschnitt (0:4) ein Gesicht zeigte, das man am liebsten unter einer Papiertüte versteckt hätte.

Psychologisch dürften die Eisbären angesichts der Durststrecke also durchaus angeknackst sein, wenngleich sie sich sicherlich auch damit heiß machen werden, dass alles Vergangenheit ist und die Playdowns bei 0:0 losgehen. Stimmt zwar, aber je holpriger der Start wird, desto schneller spielt der Kopf böse mit.

Coach

Hinter der Bande der Regensburger steht der 43jährige Peter Flache, Deutsch-Kanadier und einst mit Zweikampfhärte und Kompromisslosigkeit ausgestatteter Held beim Aufstieg des EVR von der Oberliga in die DEL2. Die Saison begann allerdings der finnische Übungsleiter Ville Hämäläinen, der Meistercoach Max Kaltenhauser beerbte und den Regensburger Erfolgsweg fortsetzen sollte. Dass dieses Unterfangen nicht umsetzbar war, machten die Verantwortlichen nach dem 20. Spieltag – Regensburg war da schon auf Platz 11 abgerutscht – an Hämäläinen fest und entließen den Coach bei einer Ausbeute von nur 1,05 Punkten pro Spiel.

Es übernahm interimsweise quasi über Nacht Peter Flache, bis dahin sportlicher Leiter der Eisbären und Coach der U20. Sein Einstand endete mit einem 4:3 Heimsieg nach Verlängerung gegen – na wen wohl – Crimmitschau. Kurz vor Weihnachten legte die Regensburger Führungsetage die Suche nach einem neuen Coach auf Eis und entschied sich dazu, aus der Interimslösung Flache eine Dauerlösung zu machen. Mit 1,09 Punkten pro Spiel konnte Flache der Mannschaft jedoch auch keine entscheidende Wendung mehr geben.

Tor

Die Torhütersituation in Regensburg ist…. kompliziert. Und offenbarte noch im vergangenen Sommer eigentlich so rosige Aussichten, hatte man doch mit dem ehemaligen finnischen Nationaltorwart Eetu Laurikainen (32) einen herausragenden Nachfolger für Meistergoalie Tom McCollum gefunden. Außerdem bleib der verlässliche Backup Jonas Neffin (24) dem Club treu. Beste Vorzeichen. Bis die Verletzungen kamen… Erst erwischte es Laurikainen Mitte Dezember, so dass der Finne seither nur noch ein paar Mal Notnagel-Backup war und lediglich noch 85 Spielminuten bzw. 2 Spiele absolvierte. Seit Ende Januar war Laurikainen nicht mehr im Kader und wird – weil weiter angeschlagen – wohl auch in den anstehenden Playdowns keine Rolle mehr spielen, so dass er bei 19 Spielen mit 2.76 Gegentoren/Spiel, 91.53% Fangquote und 2 Shutouts stehenbleiben wird.

Jonas Neffin musste also häufiger ran als erwartet und machte seine Sache über die Hauptrunde hinweg in 27 Spielen mit 3.29 GT/Sp, 90.11% und 1 SO durchaus gut, fiel aber Ende Januar ebenfalls für einen ganzen Monat aus und feierte erst am letzten Hauptrundenspieltag sein Comeback. Die Zwischenzeit überbrückten die Regensburger mit dem Kanadier und Ex-Crimmitschauer Olivier Roy (33), der eigentlich ein klasse Goalie ist, aber mit 4.08 GT/Sp und 87.80% Fangquote in seinen 10 Einsätzen ein gegensätzliches Bild zeichnete, wobei man Roy allerdings lieber nicht abschreiben sollte.

Daher steht Peter Flache nun vor einer schweren und psychologisch sehr kniffligen Entscheidung. Setzt er auf Roy, muss eine eigentlich wichtige Kontingentstelle auf dem Feld unbesetzt bleiben. Setzt er auf Neffin, geht der volle Druck auf den etatmäßigen Backup, der im Fall der Fälle von der Bank aus nicht entlastet werden kann, denn da sitzen mit Fabio Marx oder David Kublik lediglich zwei junge Bankwärmer.

Abwehr

Schließt man die Hauptrunde als Vorletzter ab, hat man in der Regel reichlich Sorgenkinder in der eigenen Familie. So verhält es sich auch mit der Eisbären-Defensive. 181 Gegentreffer (12.), 33,3 gegnerische Schüsse pro Spiel (9.) und ein Gegentor alle 9,6 Schüsse (12.) belegen in Zahlen, dass ein Abwehrproblem vorherrscht. Sucht man nach den Gründen, rückt Jakob Weber (50 Sp, 11+29) am wenigsten in den Fokus, denn der 29jährige ist wie in der Meistersaison der Dreh- und Angelpunkt, räumt hinten auf, passt präzise nach vorne und trifft brachial von der blauen Linie. Zudem spielt Weber vor allem gegen Crimmitschau gerne groß auf, denn in den 4 Hauptrundenspielen gelangen ihm gegen die Eispiraten 1 Tor uns 6 Vorlagen.

Allerdings klafft nach Weber eine große Lücke, in der sich eigentlich Xaver Tippmann und Sean Giles einfinden müssten. Doch Tippmann (37 Sp, 1+2) kommt bei weitem nicht an seine Vorjahresform heran und der deutsch-kanadische Sommerneuzugang Giles (52 Sp, 4+4) konnte die in ihn gesetzten Erwartungen zu keiner Zeit richtig erfüllen und steht als vermeintlicher defensiver Leistungsträger zudem mit einer +/- Bilanz von -16 überhaupt nicht gut da.

Und da mit Korbinian Schütz (36 Sp, 1+4), dem dauerangeschlagenen André Bühler (19 Sp, 0+3), Sandro Mayr (48 Sp, 0+2), Patrick Demetz (48 Sp, 0+2), Fabio Kose (21 Sp, 0+2) und Moritz

Köttstorfer (36 Sp, 0+1) ansonsten entweder nur noch recht junge und unerfahrene oder ohnehin nicht für das Rampenlicht vorgesehene Wasserträger in der Defensive zur Verfügung stehen, ist die Gegentorflut nicht mehr ganz so unerklärbar. Aufgrund von Ausfällen, aber wohl auch zur Stabilisierung, musste zuletzt immer häufiger sogar Routinier und Kapitän Nikola Gajovsky als gelernter Stürmer in der Abwehr aushelfen. Vielleicht auch ein taktischer Kniff für die Playdowns?

Sturm

Es gab da in der Saison 2024/25 drei Stürmer in der DEL2, denen hätte man die Augen verbinden können und sie hätten dennoch nach Belieben die gegnerischen Abwehrreihen auseinandergenommen. Die Rede ist natürlich von den drei Meistermachern Corey Trivino, Andrew Yogan und Abbott Girduckis, die mit zusammen 287 Scorerpunkten ein Phänomen darstellten. Nun ist von diesem Trio nur noch Corey Trivino übriggeblieben, doch der 35jährige Kanadier hat von seiner Rolle als Spielgestalter und Goalgetter überhaupt nichts eingebüßt. 25 Tore und 26 Vorlagen sammelte er in 51Hauptrundeneinsätzen und ist damit weiterhin das Herz und Gehirn der Regensburger Offensive. Nun heißen seine Reihenkollegen Pierre Preto (43 Sp, 14+13) und David Morley (CAN, 40 Sp, 13+28). Das ist nicht mehr der berauschende Glanz der letzten Saison, dennoch darf man sich als Gegner der Regensburger keinesfalls dazu verleiten lassen, diese Reihe mal machen zu lassen, denn Pretos Power sowie Trivinos und Morleys Erfahrung und Spielintelligenz führen dann schnell zu einem üblen Ergebnis. Übel ist auch Eispiraten-Sicht auch, dass Trivino (4 Sp, 5+2) und Morley (4 Sp, 3+3) gegen die Eispiraten ganz besonders spielfreudig sind. Hier sind also schon mal zwei Stürmer, die den Crimmitschauern ernste Probleme bereiten können.

Ein Dritter wird garantiert der 29jährige Tyler Wong sein, denn der kurz vor Ende der Transferfrist verpflichtete Kanadier bringt nicht nur eine Portion mehr Ausgeglichenheit in die Eisbären-Offensive, sondern versprüht auch jede Menge Zuversicht, was bei seiner Vita mit zuletzt 6 Saisons in der KHL (277 Sp), in der er beachtliche 51 Tore und 80 Vorlagen sammelte, kein Wunder ist. Wong schlug mit 1 Tor und 9 Vorlagen in nur 6 Spielen auch entsprechend ein. Ziemlich abgebaut hat allerdings der 32jährige Schwede Olle Liss (46 Sp, 19+16) dem bislang in 2025 in 16 Einsätzen nur 3 Tore und 1 Vorlage gelangen. Sollte also Olivier Roy der Playdown-Goalie der Eisbären sein, dürfte Liss als erster Kandidat für die überzählige Kontingentstelle gelten.

Dennoch können es sich die Eisbären, die neben Crimmitschau die wenigsten Tore (131) erzielten, am seltensten auf das gegnerische Tor schossen (27.2/Sp) und immerhin 10.8 (9.) Abschlüsse für einen Torerfolg benötigten, eigentlich nicht leisten, auf einen erfahrenen Stürmer wie Liss zu verzichten. Dies vor allem, weil die verbleibenden Stürmer in Summe den Ligadurchschnitt nicht überschreiten. Constantin Ontl (48 Sp, 11+11) und Kevin Slezak (48 Sp, 6+12) haben in dieser Saison zwar einen weiteren und wichtigen Schritt nach vorn gemacht, reißen ein Spiel aber allein auch noch nicht herum. Hinzu kommt, dass Marvin Schmids (40 Sp, 5+11) Meisterschaftsdrive verflogen und Ryon Moser (D-CAN, 49 Sp, 4+11) ein Schatten früherer Tage ist sowie am 37jährigen Oldie Nikola Gajovsky (39 Sp, 2+11) der Zahn der Zeit nagt. Ob der nachverpflichtete Andrew Schembri (D-CAN, 3 Sp, 0+0), der mit 42 Jahren der älteste Spieler der Liga ist, noch einen großen Impact im Regensburger Offensivspiel erzeugen wird, bleibt abzuwarten. Timo Kose (33 Sp, 4+7), Yuma Grimm (46 Sp, 3+5), Christoph Schmidt (45 Sp, 5+0), Aleandro Angaran (47 Sp, 2+3) und Metej Giesl (23 Sp, 0+2) sind junge Wilde mit viel Energie und Einsatz, aber eben auch überschaubarer Torgefahr.

Special Teams

Hü und Hott geht es zu, wenn sich die Strafbanktür öffnet. Wandert ein Gegner auf das Sünderbänkchen – und hier sollte die Eispiraten eindeutig gewarnt sein! – dann ziehen die Eisbären noch immer ein Spiel auf, das an die Meistersaison erinnert, denn 21.1% (5.) Powerplayquote stellt einen beachtlichen und nur geringfügig schlechteren Wert als den der Eispiraten (21.8%) dar. Außerdem bekam Regensburg die zweitmeisten (185) Überzahlsituationen der Liga zugesprochen, während derer sich 13 verschiedene Spieler in die Torschützenliste eintragen konnten. Für

Variabilität im Powerplay spricht, dass gleich 6 Spieler 4 oder mehr Überzahltore schossen, führend sind dabei Preto (7), Liss (6) und Morley (5). Auf Lücken können die Crimmitschauer aber auch spekulieren, denn Regensburg kassierte mit 9 Gegentoren in eigener Überzahl die meisten der Liga.

Nun aber zum Penaltykilling, was für die Eisbären oftmals wortwörtlich zum Killer wurde. Als einziges Team der Liga schafften es die Oberpfälzer nicht über 70%, genauer gesagt maue 69.2%, und stellen damit das mit Abstand schwächste Unterzahlspiel in der DEL2. Hier liegt also ein echter Schwachpunkt der Domstädter, den es aus Eispiraten-Sicht auszunutzen gilt.

Fazit

Wenn der 12. gegen den 13. Playdowns spielt, dann ist das eher ein Stelldichein der Enttäuschten und Enttäuschenden. Wir haben vorstehend einige Stärken der Regensburger beschrieben, können den Gegner nun aber auch nicht stärker machen als er wirklich ist, denn sonst hätte sich für die Cracks von der Donau nach 52 Spieltagen ein anderes Tabellenbild ergeben. Blöd nur, dass im Falle der Eispiraten nicht viel anders zu berichten ist, denn der 12. Platz hat ebenso seine berechtigten und zwischen September und Februar deutlich erkennbaren Gründe.

Dementsprechend offen ist diese erste Playdown-Runde nach aktuellem Stand und offen ging es auch in den bisherigen 4 Spielen zu, die jeweils das Heimteam gewinnen konnte. Ein richtiger Favorit ist im Duell Crimmitschau gegen Regensburg also kaum auszumachen.

Vorfreude auf die Playdows sprüht aus keiner der beiden Eishockeystädte. Vielmehr ist es purer Ernst und nervöse Anspannung, denn für beide Standorte geht es um nicht weniger als das nackte sportliche Überleben. Die Schönheit des Eishockeysports und die schnörkelige Verspieltheit sind ab dem 7. März 2025 nicht mehr gefragt, denn nur das Team, das als ein solches auftritt und das diesen Ernst der Lage und die Anspannung am besten in Kampfkraft, Unablässigkeit, Willensstärke und Stehaufmentalität umwandeln kann, wird mit dem Klassenerhalt belohnt. Und so drücken wir den Eispiraten mit einem großen Wunsch die Daumen: Saisonende, bitte komm schnell!